Die wichtigsten

PATIENTEN-INFORMATIONEN

Sie haben von Ihrem Zahnarzt mit dem Heil- und Kostenplan (HKP) einen Behandlungsvorschlag zum Ersatz fehlender oder zerstörter Zähne erhalten. Manche Krankenkassen nehmen die Genehmigung eines HKP’s zum Anlass, auf zahntechnische Labore hinzuweisen, welche die Fertigung von Zahnersatz zu Tiefstpreisen anbieten. Häufig wird dieser Zahnersatz im Ausland produziert, auch wenn die Vertriebsstelle offiziell in Deutschland angesiedelt ist. Dazu soll Ihr Zahnarzt Ihre Behandlungsunterlagen Betrieben zur Verfügung stellen, die er nicht kennt und über deren zahntechnische Qualifikation ihm nichts bekannt ist. Einige Krankenkassen empfehlen auch den Wechsel zu Zahnärzten, die den Zahnersatz angeblich preiswerter oder sogar zum Nulltarif abgeben. Vielleicht aber werden Sie auch dazu aufgefordert, Ihre geplante Versorgung im Internet unter verschiedenen Zahnärzten an den billigsten Anbieter zu versteigern.

Beachten Sie bitte: Ein Behandlungserfolg kann nur das Ergebnis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Ihnen, Ihrem Zahnarzt und dem zahntechnischen Labor sein, die mit den individuellen Gegebenheiten und Möglichkeiten in Ihrem Fall vertraut sind. Präzision ist nur in einem lang eingespielten Team zu erreichen. Ihr Zahnarzt arbeitet deshalb mit einem Labor zusammen, dessen Arbeit und Qualität er oft schon seit Jahren vertraut und das seine „Handschrift“ kennt, denn die Planung und Anfertigung von Zahnersatz erfordert eine enge persönliche Zusammenarbeit mit dem Techniker. Nur so kann in jedem einzelnen Fall, auch in Ihrem, das bestmögliche Ergebnis erreicht werden.

Zahnersatz ist keine beliebige Ware, die problemlos frei gekauft oder im Internet ersteigert werden kann. Jeder menschliche Zahn ist ein Unikat und so individuell wie ein Fingerabdruck. Ein ebensolches Einzelstück beim Ersatz von Zähnen handwerklich anzufertigen, erfordert vom Zahntechniker umfangreiche fachliche Ausbildung und Können. Dabei greifen die Leistung des Zahnarztes und die Arbeit des Zahntechnikers eng ineinander. Das Ergebnis dieser vertrauensvollen Zusammenarbeit soll eine langlebige zahntechnische Versorgung sein.

Ihr Zahnarzt steht Ihnen für Ihre Fragen über Behandlung und Kosten zusammen mit dem Dentallabor zur Verfügung.

Schließlich geht es um Ihre Gesundheit!

Qualität und Kosten –

Zahnersatz aus dem Ausland

Im Rahmen des weltweiten Gesundheitstourismus stell auch die zahnärztlich-prothetische Versorgung im Ausland für die Versicherten eine mögliche Alternative dar. Dies insbesondere vor dem Hintergrund steigender Eigenbeteiligungen im Inland und potentieller Kostenersparnisse durch eine Auslandsversorung. Reiseveranstalter bieten bereits Kurzreisen / Gruppenreisen ins Ausland zu medizinischen Behandlungen an. Ausländische Zahnarztpraxen werben im Internet mit dem Motto „Wir sprechen Deutsch“.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachtet in zunehmendem Maße ausländischen Zahnersatz im Auftrag der Gesetzlichen Krankenkassen. Der folgende Beitrag fasst die Erfahrungen des MDK Rheinland-Pfalz für die Jahre 2006 und 2007 aktuell zusammen.

Hintergrund

Die Neufassung des § 13 SGB V sieht ab 01.01.2004 eine Kostenerstattung für Leistungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft vor. Dieser Aspekt gewinnt im Rahmen des Beitrittes von zehn mittel- und osteuropäischen Ländern (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern) im Jahr 2004 sowie zwei weiteren osteuropäischen Ländern im Jahr 2007 in die Europäische Gemeinschaft (Bulgarien, Rumänien) an Bedeutung. Die Einführung der Befundbezogenen Festzuschüsse am 01.01.2005 (2) hatte vor allem für umfangreiche und andersartige Zahnersatzplanungen eine Zunahme der vom Patienten selbst zu tragenden Kostenanteile für Zahnersatz zur Folge.

Auslandsbehandlungen ergeben aufgrund der niedrigeren Löhne, billigeren Raummieten und geringeren Laborkosten auf den ersten Blick für die Versicherten attraktive „Sparmöglichkeiten“. Zusätzlich führen die im Ausland nicht geltenden deutschen sozialgesetzlichen Vorgaben (z. B. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, genehmigungspflichtiger Heil- und Kostenplan, gutachterliche Überprüfung der medizinischen Indikation) dazu, dass „Wunschversorgungen“ der Versicherten für festsitzenden oder ästhetisch motivierten Zahnersatz ermöglicht werden.

Gesetzliche Grundlagen

In Deutschland muss für jeden gesetzlich Krankenversicherten vor der Anfertigung von Zahnersatz ein Heil- und Kostenplan erstellt werden, welcher von der Krankenkasse überprüft wird. Dies gibt dem Patienten die Garantie, dass seine Zahnersatzplanung den Richtlinien und den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Nach dem Einsetzen des Zahnersatzes hat der Patient Anspruch auf eine „Konformitätserklärung“ des zahntechnischen Labors mit Informationen über die verwendeten Materialien und deren chemische Zusammensetzung sowie den Herkunftsort des Zahnersatzes (§ 87 Abs. 1 a SBG B).

Weiterhin übernimmt ein deutscher Zahnarzt für seine zahnärztlichen Leistungen im Zusammenhang mit dem Zahnersatz eine zweijährige Gewährleistung (§ 136 b SGB V), innerhalb derer Erneuerung oder Wiederherstellungen des eingesetzten Zahnersatzes kostenlos vorgenommen und Mängel beseitigt werden müssen (3).

Gesetzliche Vorgaben für das Procedere der Kostenerstattung der GKV gemäß § 13 SGB V existieren nicht im Detail. Hierzu sind die Satzungen der jeweiligen Krankenkasse maßgeblich, das Procedere der Kostenerstattung für ausländischen Zahnersatz wird unterschiedlich gehandhabt (3). Während einige Krankenkassen nur eine Auszahlung der befundbezogenen Festzuschüsse vornehmen, wenn im Vorfeld ein in Deutschland gutachterlich überprüfter Heil- und Kostenplan die medizinische Notwendigkeit bestätigt hat, lässt ein Großteil der Krankenkassen den ausländischen Zahnersatz im Nachhinein gutachterlich überprüfen. Hierbei stehen Fragen nach der medizinischen Notwendigkeit entsprechend den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und hinsichtlich der technischen Ausführung und möglicher Mängel im Vordergrund. Grundsätzlich beträgt der Zuschuss für ausländischen Zahnersatz höchstens den Betrag, den der Versicherte auch für seine prothetische Versorgung in Deutschland erhalten hätte (abzüglich Abzüge für Verwaltungskosten, fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung und Praxisgebühr). Maximal darf nur der Betrag der tatsächlich entstandenen Kosten erstattet werden. EU-weit gilt ebenfalls eine „Garantie“ für Zahnersatz von zwei Jahren (4).

Qualität der Versorgung

Im Jahr 2004 wurde eine Studie des MDK Rheinland-Pfalz und des Instituts für medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universität Mainz zur Ergebnisqualität und Kosteneffektivität zahnärztlich-prothetischer Versorgungen im (Nicht-EU-) Ausland (1, 5) publiziert. Diese kam zu dem Schluss, dass die angefertigten Arbeiten vor allem bei den festsitzenden Versorgungen qualitativ unzureichend und mit nicht unerheblichen Mängeln behaftet waren. Vor diesem Hintergrund wurde die retrospektive Datenerhebung der zahnprothetischen Versorgung im Ausland nach Einführung der befundbezogenen Festzuschüsse fortgeführt. Die bislang noch nicht publizierten Ergebnisse der Evaluation zeigen im Erhebungszeitraum von 2006 bis 2007 (n = 88), das nur in 51 % der Fälle ein deutscher Heil- und Kostenplan vor der Behandlung im Ausland erstellt wurde. Diese Heil- und Kostenpläne scheinen aber auf die Art der Versorgung und die Qualität der später im Ausland gefertigten Arbeit keinen Einfluss zu haben. Allerdings war bei fehlendem Heil- und Kostenplan eine Tendenz zu vermehrt festsitzendem Zahnersatz zu beobachten. Insgesamt wurden 45 % andersartiger, 33 % gleichartiger Zahnersatz und in 22 % Regelversorgungen im Ausland angefertigt.

Bei den körperlichen Nachuntersuchungen durch die Gutachter des MDK Rheinland-Pfalz war ein drittel der angefertigten Zahnersatzversorgungen mängelbehaftet, bei zwei Drittel davon wurde eine vollständige Neuanfertigung empfohlen. Dabei waren vor allem die in ihrer Ausführung relativ einfach gestalteten Versorgungen, insbesondere herausnehmbarer Zahnersatz, mängelfrei. „Abstehende“ Kronenränder, fehlender oder fehlerhafter Gegenbiss, fehlerhafte technische Ausführung und nicht erhaltungswürdige oder parodontal stark vorgeschädigte Pfeilerzähne waren die Grunde für die Empfehlung zur Neuversorgung (Abb. 1).

Der „ausländische“ Zahnersatz entsprach lediglich in zwei Drittel der Fälle den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (6). Dies war darauf zurückzuführen, dass oftmals festsitzender Zahnersatz anstatt kombiniert festsitzend-herausnehmbarem oder eines vollständig herausnehmbaren Zahnersatzes angefertigt wurde. Dabei ließ die Gebiss-Situation der betroffenen Patienten eine festsitzende Versorgung aufgrund Anzahl und Wertigkeit der verbliebenen Restzähne nicht mehr auf Dauer zu. Vor allem die Anfertigung von Freiendbrücken mit zwei oder mehr Freiendgliedern, oder aber von Freiendbrücken mit lediglich einem Pfeilerzahn waren Gründe der negativen Beurteilung (Abb. 2) Vorbehandlungen, wie die Entfernung nicht erhaltungswürdiger Zähne, notwendige Wurzelkanalbehandlungen oder Parodontaltherapien scheinen im Ausland eine untergeordnete Rolle zu spielen (Abb. 1).

Diese Zahlen erscheinen auf den ersten Blick nicht grundsätzlich gegen eine Auslandsversorgung zu sprechen. Betrachtet man jedoch beide Kriterien zusammen, also Richtlinienkonformität und Mängelfreiheit, so entsprachen nur 55 % der Versorgungen diesen beiden Kriterien. Auffällig war dabei, dass eine ausländische Regelversorgung (n = 19), welche per se als richtlinienkonform zu betrachten ist, in 95 % der Fälle mängelfrei war.

Ein weiteres Augenmerk lag auf der nachvollziehbaren Indikationsstellung zur Überkronung von Zähnen. Bei einem Drittel aller Patienten konnte die Indikation zur Zahnüberkronung retrosperktiv nur teilweise nachvollzogen werden. Im Median erhielten diese Patienten vier Kronen ohne medizinische Indikation, was vermutlich aus ästhetischen Gründen erfolgte.

Anhand der Rechnungen aus dem Ausland war nur den wenigsten Fällen die Art der prothetischen Versorgung nachvollziehbar. Eine Konformitätserklärung lag in keinem der begutachteten Fälle vor.

Kosten der Versorgung

Wie bereits ausgeführt, entsprachen 55 % der Versorgungen den Richtlinien und waren mängelfrei (n = 48). Betrachtet man nur die Kosten für diese Versorgungen, wurden im Ausland im Median 723 Euro (Interquartilspanne 480 Euro – 1191 Euro) berechnet. In Deutschland hätte eine identische Versorgung im Median 1679 Euro (Interquartilspanne 1188 Euro – 2926 Euro) gekostet (Abb. 3). Berechnet man individuell für jeden Versicherten den befundbezogenene Festzuschuss (ohne Bonus) (2), so zeigt sich, dass der Eigenanteil für den Zahnersatz aus dem Ausland im Median 179 Euro (Interquartilspanne 3 Euro – 516 Euro) betragen hat. Bei einer Versorgung in Deutschland hätten die Versicherten für den gleichen Zahnersatz einen Eigenanteil von im Median 990 Euro (Interquartilspanne 675 Euro – 2078 Euro) bezahlen müssen. Dies ergibt eine Ersparnis für die Versicherten von im Median 802 Euro (Interquartilspanne 287 Euro – 1662 Euro) und bestätigt au den ersten Blick, bei mängelfreiem und richtlinienkonformen Zahnersatz, das vermutete Einsparpotential (Tab. 1).

Bei unseren Ergebnissen ist jedoch zu beachten, dass die alleinige Betrachtung der im Rahmen der Untersuchung begutachteten Patienten nur eine vorsichtige Einschätzung der Qualität und Kosten von zahnärztlicher Behandlung im Ausland zulässt. Diese Patienten stellen ein ausgewähltes und nicht unbedingt repräsentatives Klientel dar; die Dunkelziffer von erfolgreichen, aber auch nicht erfolgreichen Zahnbehandlungen im Ausland, die dem MDK Rheinland-Pfalz nicht berichtet oder zur Begutachtung vorgelegt wurden, kann nicht abgeschätzt werden.

Fazit aus Sicht des MDK Rheinland-Pfalz

Anhand unserer Nachuntersuchungen von Versicherten mit Zahnersatz aus dem Ausland hat sich die Qualität der Auslandsversorgung im Vergleich zur Voruntersuchung (1, 5) insgesamt verbessert. Nach wie vor ist jedoch der technisch weniger aufwändige Zahnersatz eher richtlinienkonform und mängelfrei. Vor allem herausnehmbarer Zahnersatz aus dem Ausland (Vollprothesen, klammerverankerte Modellgussprothesen) stellt eine kostengünstige Alternative zur Inlandsbehandlung dar.

Allerdings sind hierbei nicht die Kosen für Anreise und Unterkunft im Ausland berücksichtigt. Auch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass immerhin 45 % der Auslandsversorgungen nicht Richtlinienkonfrom und mängelbehaftet waren und somit für diese Versorgungen Kosten für Nachbesserungen bzw. Neuanfertigungen anfallen. Selbst wenn der Zahnarzt im Ausland die Kosten für die Nachbehandlung übernimmt, zahlt der Versicherte erneut die Anreise und Unterbringungskosten selbst. Im Streitfall kann es im Europäischen Ausland problematisch werden, seine Anforderungen juristisch durchzusetzen.

In der Diskussion um ausländischen Zahnersatz muss berücksichtigt werden, dass es fraglich ist, wer die Mängel an dem im Ausland angefertigten Zahnersatz behebt und für die dabei entstehenden Kosten aufkommt. Deutsche Zahnärzte können eine Nachbesserung von Mängeln an „ausländischem Zahnersatz“ ablehnen, so lange es sich nicht um Notfallsituationen handelt. Auch die Gesetzliche Krankenversicherung ist nicht prinzipiell verpflichtet, Mängelkorrekturen zu bezahlen. Letztendlich trägt also der Versicherte das Risiko der Zahnersatzversorgung im Ausland selbst.

Korrespondenzadresse:

Dr. Christine Baulig
Referentin und Koordinatorin
Fachgebiet Zahnmedizin
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz
Albiger Strasse 19 d
55232 Alzey

Tel. : 06731 -48 62 50
Fax: 06731 -48 62 91

christine.baulig@mdk-rlp.de

Literatur:

1. Baulig C, Weibler-Villalobos U, Körner I, Krumenauer F: Evauation von Ergebnisqualität und Kosteneffektivität zahnärztlicher-prothetischer Versorgungen im (Nicht-EU-) Ausland. Dtsch Zahnärtzl Z 59, 230-235 (2004)

2. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Besetzung nach § 91 Absatz 6 SGB V (Vertragszahnärztliche Versorgung) zur Bestimmung der Befunde und der Regelversorgungsleistungen, für die Festzuschüsse nach §§ 55, 56 SGB V (Festzuschuss-Richtlinien) vom 03.11.2004 in der jeweilig gültigen Fassung ab 01.01.2006 bzw. ab 01.01.2007

3. Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz GMG) vom 14.09.2003

4. Faltblatt des Europäischen Verbracherzentrums „Zahnbehandlung im Ausland“. Stand 25.05.2004

5. Krummenauer F, Körner I, Baulig C, Weibler-Villalobos U: Klinische und ökonomische Evaluation zahnärztlicher Leistungen im Ausland. Gesundheitswesen 65, 495-501 (2003)

6. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gem. § 91 Abs. 6 SGB V in der Besetzung für die vertragszahnärztliche Versorgung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftlichevertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen vom 04. Juni 2003 in der ab 01.04.2006 gültigen Fassung.

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